Das erste Automobil der Weltgeschichte – Feierliche Übergabe


Das erste selbstfahrende Gefährt der Welt wurde an den Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf für das Stadtmuseum feierlich übergeben.

 

Das erste Automobil der Weltgeschichte wurde in der 1670-er Jahren am Hof des Kaisers von China in Peking von dem flämischen Jesuiten Ferdinand Verbiest, einem herausragenden Wissenschaftler, Mandarin, und Direktor der kaiserlichen Sternwarte, entwickelt, gebaut und dem Kaiser, also Sohn des Himmels vorgeführt.

Im Rahmen eines seiner historischen Projekte hat das Audi Konfuzius-Institut Ingolstadt ein Modell des Gefährts am 4. April 2023 dem Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf für das Stadtmuseum feierlich übergeben.
Anwesend waren der Ingolstädter Oberbürgermeister Scharpf, die Leiterin des Stadtmuseums, Frau Dr. Schönewald, Vertreter des Generalkonsulates der Volksrepublik China aus München, Herr Wang und Herr Wang, der Präsident der THI, Schober, und sein ehemaliger Vizepräsident, Suchandt, der ehemalige Audi-Vertreter im Konfuzius Verein, Dr. Tropschuh, und das Team des Audi Konfuzius-Instituts Ingolstadt sowie der Ingolstädter Presse, die zahlreich erschienen ist.

Das Projekt des Nachbaus gliederte sich in 4 Phasen.

In der ersten Phase hat Dr. Gerd Treffer die relevanten Daten zu diesem ersten Automobil der Geschichte zusammengetragen und in einer Publikation des Forschungsergebnisses zusammengestellt (Treffer 2018) . Grundlage der Forschung ist insbesondere eine detaillierte Beschreibung des Gefährts, die Verbiest selbst in dem berühmten Werk „Astronomia Europaea“, das 1687 in Dillingen in Druck ging, lieferte, die in gewisser Weise eine Patentschrift in einer Zeit, ehe es Patente gab darstellt. Verbiest legt darin klar, dass es ihm um den Nachweis geht, dass Dampf als Antriebskraft für Fahrzeuge einsetzbar ist. Hintergrund für sein Experiment ist die jesuitische Mission in China mit ihrem besonderen Ansatz der „Akkulturation“.

Früh waren nach den „großen Entdeckungen“ des Kolumbus und seiner Nachfolger die Jesuiten mit der Mission in China betraut worden, wo die Europäer auf eine hochentwickelte, selbstbewusste Kultur und Gesellschaft trafen. Deshalb wurden einige der besten Gelehrten in Astronomie, Technik, Physik und dem, was man heute Ingenieurskunst nennt von den europäischen Universitäten abgezogen und nach China gesandt. Die Jesuiten entwickelten eine eigene Methode der Mission und des Umgangs mit der chinesischen Elite, die Akkulturation, einen ersten Brückenschlag zwischen West und Ost auf Augenhöhe. Sie lernten Chinesisch, durchliefen das Mandarinssystem, studierten mit den chinesischen Gelehrten, fertigten Wörterbücher und Übersetzungen. Der Schlüssel zur Erlaubnis zu missionieren war ihr wissenschaftliches Können, die Ingenieurskunst Europas, die sie in ihr Gastland mitbrachten und geschickt einsetzten, um ihren Wert für China herauszukehren.

Die „Archaeologia Europaea“ stellt in zahlreichen Kapiteln genau dies dar: was die Pekinger Hofjesuiten dem Kaiser und der chinesischen Gelehrtenschaft augenfällig vorführten, um ihre Bewunderung und die Erlaubnis zur Mission zu erhalten: Astronomie, Ballistik, Mechanik u.v.a.m. – und eben unter der Überschrift „Pneumatica“ – ein Fahrzeug, das aus eigenem Antrieb fahren (und überdies durch ein geschickt konstruiertes Ruder „gesteuert“ werden) konnte. Die „Astronomia Europaea“ wurde von einem flämischen Landsmann Verbiests, der nach Europa zurückreiste im Manuskript mitgenommen und in der Jesuitenhochburg Dillingen gedruckt, auch als stolzer Beweis für die Leistungen der Pekinger Jesuiten, diesmal den europäischen Ordenskollegen und –oberen gegenüber.
Ferdinand Verbiest (1623 -1688) wurde in Pitten in den damals Spanischen Niederlanden geboren, trat 1641 dem Jesuitenorden bei und reiste 1657/1658 nach Macao. 1660 wird er von dem deutschen Jesuiten Adam Schall von Bell, der damals Präsident des Kalenderamtes und Direktor der Kaiserlichen Sternwarte war, nach Peking geholt. 1669 wird Verbiest Schalls Nachfolger und Chef-Astronom und –Mathematiker Chinas und blieb bis zu seinem Tod Präsident des Mathematisch-Astronomischen Amtes, war maßgeblich an der Renovierung des Pekinger Observatoriums (1673) beteiligt und entwarf neue, astronomische Instrumente „zur Ermittlung der Positionen ,Höhen, Winkel, Bewegungen sowie der Auf- und Untergangszeiten der Gestirne“. Sechs der großen Geräte, die heute auf der Plattform der Pekinger Sternwarte stehen und Premium-Technik der Entstehungszeit sind, stammen von Verbiest. 1678 diente er als Übersetzer und Vermittler bei den Verhandlungen zwischen China und Russland über einen Landweg zwischen Europa und China. Zu seinen ingenieursmäßigen Leistungen zählt seine Hilfe bei der Erneuerung der Pekinger Befestigungsanlagen und seine Bereitschaft hunderte von Kanonen für den Kaiser zu gießen. Verbiest erreichte, dass Kaiser Kang-Xi die christliche Kirche in China anerkannte und sie rechtlich anderen Glaubensformen gleichstellte. Auch von Rom wurden Verbiests Verdienste ausdrücklich durch ein Breve anerkannt.

Im zweiten Schritt haben Studenten der Technischen Hochschule Ingolstadt und der Partneruniversität der THI, die bekannte South China University of Technology, in Guangzhou unter der Leitung des Vize-Präsidenten der THI, Prof. Thomas Suchandt, im Rahmen eines Seminars nach den vorliegenden Informationen aus den historischen Dokumenten Konstruktionszeichnungen entwickelt. Dabei wurden sowohl histori¬schen Materialien sowie der damalige Stand der Technik berücksichtigt.

Im dritten Schritt haben Studenten der Fakultät Maschinenbau der THI ein Modell, das im Original nur 60 Zentimeter groß war, gebaut und damit weltweit erstmalig den Beweis erbracht, dass das Gefährt von dem nur Pläne existieren, auch wirklich funktioniert. Dabei wird Wasser durch ein Kohlefeuer unter einem Kessel erhitzt. Dabei entsteht im Kessel Dampf, der über eine Düse entweicht und damit ein „Windrad“ antreibt, das über eine Welle die Hinterräder antreibt. Das fünfte Rad dient der Lenkung, denn damals war die lenkbare Deichsel noch nicht erfunden. Einzig der Kessel ist modern, denn es gibt keinen Hersteller, der heutzutage aus Produkthaftungsgründen einen Kessel ohne Überdruckventil und Manometer herstellt. Das wäre auch zu riskant für die Studenten im Falle eines Unfalls, meint Prof. Suchandt.

Im letzten Schritt ging das Modell in die Serienproduktion. Insgesamt wurden 6 Exemplare hergestellt. Eines davon steht nun in Ingolstadt im Jesuitenraum des Stadtmuseums. Der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf bedankte sich ganz herzlich: „Es passt gut zu Ingolstadt und wird zur Attraktion des Museums werden.“